Bretagne-Tipp

mittendrin im Bretagne-Urlaub

Der Baustil der Beaumanoir

Baustil Beaumanoir

Gerade mal 2 km voneinander entfernt liegen die Kapelle St-Nicolas bei Plufur (1499) und die Kirche Notre Dame de Trémel (um 1500) in der Bretagne. Sie verdeutlichen, wie euphorisch sich im Kirchen- und Kapellenbau in diesem Teil der Bretagne ein Baustil durchsetzte, der am Ende des 15. Jahrhunderts von Philippe Beaumanoir kreiert wurde. Im Rahmen dieses Baubooms wurden in nicht weit entfernten Orten beispielweise auch die Kirche Notre Dame de Trédrez (ab 1500) oder die Kirche St-Miliau in Ploumiliau (Beginn des 16. Jh.) erbaut.

Bretagne Architektur: Der Baustil von Philippe Beaumanoir.

Bretagne Architektur: Der Baustil von Philippe Beaumanoir.

Die Kapelle St-Nicolas bei Plufur und die Kirche Notre Dame de Trémel

Die Beaumanoir waren im 15. und 16. Jahrhundert eine außerordentlich erfolgreiche Familie von Steinmetzen, Architekten und Baumeistern, die aus der Gegend von Morlaix an der Norküste der Bretagne stammt. Mitglieder der Familie machten sich zunächst mit dem Bau der Kapelle St-Jagut in Plestin-Les-Grèves und der Kirche St-Melaine in Morlaix in einen Namen (Erwähnungen ab 1448). In der Folgezeit dominierte an vielen Orten der Nordküste der Bretagne der ihnen eigene, in wesentlichen Aspekten von Philippe Beaumanoir ersonnene Baustil. Dieser wichtigste Spross der Familie war ab 1480 beim Bau der Kirche St-Melaine in Morlaix und 1499 an der Erbauung der Kapelle Saint-Nicolas bei Plufur maßgeblich beteiligt, und lebte von 1507 bis 1523 in Plougonven bei Morlaix. Die Liste der ihm zugeschriebenen Bauwerke ist beeindruckend. Belegt sind anscheinend: Die Kirchen von Trédrez, Ploumiliau, Plougonven, Guerlesquin, Guimiliau (die mit einem der berühmtesten umfriedeten Pfarrbezirke umgeben ist), Ploulec’h und Lohuec, die Kapellen St-Nicolas bei Plufur, St-Nicodème in Lanleïa und die Kapelle de la Trinité in Plounérin. Letztere existiert dort nicht mehr. Eine Privatperson konnte aber der Gemeinde die Steine der Ruine abkaufen, diese wurden dann beim Bau einer Villa in St-Efflam (Gemeinde Plestin-Les Grèves) verwendet.

Bretagne Architektur: Der Baustil von Philippe Beaumanoir.
St-Nicolas bei Plufur

Bretagne Architektur: Der Baustil von Philippe Beaumanoir.
Notre Dame de Trémel
Drei sehr ähnliche Variationen der Glockenwand

Bretagne Architektur: Der Baustil von Philippe Beaumanoir.
Notre Dame de Trédrez

Bereits bei der Kapelle von St-Nicolas sind die zwei wichtigsten Stilelemente von Philippe Beaumanoir klar sichtbar: Die statt eines Kirchturms erbaute Glockenwand (frz. "clocher-mur"), welche von einem Treppentürmchen flankiert wird, und die Apsis mit mehreren Dachkehlen (frz. "L’abside à noues multiples"), also eine spezielle architektonische Gestaltung des meistens nach Osten zeigenden Altarbereichs, wobei der Architekt statt des z.B. in der Romanik häufig verwendeten halbrunden Raums eine Aufteilung in mehrere dreieckige Giebelwände wählte.

Bretagne Architektur: Der Baustil von Philippe Beaumanoir.
Die Apsis von Notre Dame de Trédrez

Auch andere Bauelemente sind typisch für den Beaumanoir-Baustil. Die Balustraden der Glockenwände und Fenster-Maßwerke im Flamboyant-Stil der Spätgotik gehören ebenso dazu wie die Giebelverzierungen und die ausdrucksstarken Gargoils.

Bretagne Architektur: Der Baustil von Philippe Beaumanoir.
Notre Dame de Tremel

Quellen: [1] und [2]